Pivot Shuttle SL Test
17,93 kg bringt das Pivot Shuttle SL auf die Waage. Ob das Leichtgewicht auch wilden Ritten durch garstiges Gelände standhält, haben wir für euch getestet.



Unmoralisches Angebot: Das bietet Pivot für 11.499 Euro
Der Name „Shuttle“ weckt bei Mountainbikern Assoziationen an Orte wie Finale Ligure oder das Vinschgau – Synonyme für Bergabspaß im Intervalltakt. Doch anders als der Name vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Modellnamen Shuttle SL kein wuchtiges Enduro-Bike, sondern ein flinkes Trail-Bike mit schmalen 132 mm Federweg im Heck. Dennoch spendiert Pivot dem Shuttle SL eine potente Ausstattung, die Nehmerqualitäten verspricht.

An der Front werkelt eine Fox 36 Factory Grip2, die 150 mm Federweg bereitstellt. Auch der Float X Dämpfer mit Ausgleichsbehälter und einstellbarer Low-Speed-Druckstufe lässt auf mehr Potenzial schließen, als man es von Trail-Bikes mit Inline-Shocks gewohnt ist. Und damit das Shuttle geschmeidig durchs Gelände rollt, steht es auf großen 29“-Laufrädern. Im konkreten Falle unseres Testbikes sind es edle und vor allem leichte Reynolds Blacklabel 309/289 XC Carbon-Laufräder. Trotz der baller-tauglichen Ausstattung bringt dieses Light Assist E-Bike gerade einmal 17,93 kg auf die Waage – den leichten Laufrädern sei Dank.
Angeschoben wird das amerikanische Luxusobjekt mit deutscher Technik. Dezent versteckt und geradezu nahtlos in den hochwertigen Carbon-Rahmen integriert, sitzt die kompakte Antriebseinheit kaum sichtbar hinter dem Kettenblatt. Verbaut ist ein Ride60 Motor des oberbayerischen Herstellers Fazua. Hinter der Marke steckt die noch junge Muttergesellschaft „Porsche eBike Performance GmbH“, die sich das junge Start-Up Fazua im Jahr 2022 einverleibt hatte. Wie der Name des Motors erraten lässt, liefert die E-Maschine 60 Nm Drehmoment. Die Maximalleistung liegt bei 450 Watt. Drei Fahrmodi bietet das System, wobei sich die Modi über die App nach persönlichem Gusto individualisieren lassen.




Seichte Brise, starke Wirkung. So viel Rückenwind steckt im Fazua Ride 60 Motor.
Die Stärke des Fazua Ride 60 liegt weniger in roher Kraft, als vielmehr in einem natürlichen Fahrgefühl. Im Vergleich zu stärkeren Motoren wie dem Bosch SX oder dem Dyname 4.0 SL mag er weniger Power bieten, doch für Fahrer, die Wert auf ein Bio-Bike-ähnliches Fahrerlebnis legen, ist er ideal.
Der niedrigste Unterstützungsmodus, treffend „Breeze“ genannt, bietet bereits eine spürbare Unterstützung, die besonders für Mountainbiker, die auf ein E-Bike umsteigen, angenehm ist. Der Motor arbeitet leise und fügt sich unauffällig in die Geräuschkulisse der Umgebungsgeräusche ein. Wer über groben Schotter gen Gipfel pedaliert, wird durch die Abrollgeräusche der Reifen vom Motor kaum etwas hören.
Im Gelände spielt der „Rocket“-Modus seine Stärken aus. Mit 60 Nm Drehmoment meistert man anspruchsvolle Anstiege souverän. Allerdings darf man keinen explosiven Schub erwarten; der Motor bevorzugt eine konstante Leistungsabgabe. Für spontane Sprints oder das Überwinden von Hindernissen hilft aber die Boost Funktion. Wer den Ring Control 2 Sekunden lang gedrückt hält, bekommt für 12 Sekunden die vollen 450 Watt, die der Motor zu bieten hat. Das ist nützlich für den Uphill Flow.
Positiv hervorzuheben ist, dass das Shuttle SL auch ohne Motorunterstützung effizient gefahren werden kann – ein Pluspunkt für Puristen und alle, die trotz E-Bike gerne noch den eigenen Körper fordern und formen möchten.




Fliegt das Fliegengewicht den Berg hinauf?
Bergauf überzeugt das Shuttle SL mit natürlicher Unterstützung. Auf Asphalt und festen Forstwegen vermittelt der „Breeze“-Modus ein Gefühl, wie wenn man eben nicht von einem Motor getragen wird. Man spürt die eigene Anstrengung und darf sich abends auf das gute Gefühl der selbst erarbeiteten Erschöpfung freuen.
Die Sitzposition ist für heutige Verhältnisse eher sportlich. Die Stärke des DW-Hinterbaus ist seine Antriebsneutralität. Aufgrund des Anti-Squats, der bis 100 mm Federweg konstant über 100 % liegt, steht der Kettenzug einem Eintauchen des Hinterbaus durch Tretbewegungen entgegen. Was man spürt, ist ein angenehmer Gegenhalt, wodurch die Tretenergie direkt und ohne lästiges Pumpen des Hinterbaus auf den Boden gebracht wird.

Uphill für Offroad-Fans
Sobald man befestigte Wege verlässt, profitiert man vom aktiven und gleichermaßen wohl definierten Heck des Shuttle SL. Dank des oben beschriebenen Anti-Squats steht der Hinterbau hoch im Federweg, wodurch er auch bei steilen Rampen nicht wegsackt. So bewahrt sich das Pivot auch bei steilen Anstiegen eine ausgewogene Achslastverteilung, wodurch das Vorderrad sicher am Boden gehalten wird.
Trotzdem schafft es der Hinterbau auch unter Antriebslast, die Schläge des Untergrunds zu absorbieren und verschafft dem Hinterrad somit hervorragenden Bodenkontakt. Und Bodenkontakt ist gleich Traktion. Die Vortriebsenergie aus eigener Bein-Power und Motor-Power wird dadurch bestens auf die Strecke gebracht.
Das Rad fährt sich bergauf im Gelände souverän und sehr kontrolliert. Ein weiterer Pluspunkt für solche Fahrsituationen ist der moderate Lenkwinkel. Im 65°-Winkel steht die Gabel zum Boden, wodurch sich das Rad erfreulich lebendig und direkt steuern lässt. Im technischen Uphill bleibt das Bike somit bestens manövrierfähig.

Von Meisterhand - das Fahrwerk im Detail-Check
Beleuchten wir kurz die Fakten, die hinter dem Fahrgefühl des Shuttle SL stecken. Pivot ist bekannt für seinen „DW“-Hinterbau. Der Name ist nichts anderes als die Initialen seines Entwicklers – Fahrwerks-Guru Dave Weagle. Weagle ist bekannt für seine ausgesprochen ausgewogenen Fahrwerke. Wie kaum einem anderen gelingt ihm die Balance zwischen Antriebsneutralität, Ansprechverhalten und Fahrwerksrückmeldung für ein definiertes Fahrgefühl.
Wir haben den DW-Hinterbau des Shuttle SL analysiert und folgende Erkenntnisse gewonnen:
- Hohe Progression: Je tiefer der Hinterbau in den Federweg eintaucht, desto höher der Gegenhalt. Das schützt vor Durchschlägen und verleiht dem Rad ein direktes und lebendiges Handling.
- Konstanter Anti-Squat bei über 100 % bis 100 mm Federweg: Liegt der Anti-Squat bei über 100 %, so hat die Längung zwischen Tretlager und Hinterrad eine theoretische Längung der Kette zur Folge. Da sich die Kette praktisch aber natürlich nicht wesentlich längt, hindert der Zug auf der Kette den Hinterbau am Einfedern. Dadurch fühlt sich der Hinterbau straff an und sackt nicht weg, wodurch sich ein direktes Fahrverhalten mit viel Gegendruck einstellt.
- Hoher Anti-Rise, der mit zunehmendem Einfedern sogar noch zunimmt: Je tiefer der Hinterbau einfedert, desto höher der Anti-Rise. Ein hoher Anti-Rise erlaubt Einflüsse durchs Bremsen auf das Fahrwerk. Heißt: bremst man, so federt der Hinterbau ein. Das kann zu einem direkteren Fahrgefühl führen. Denn durch die hohe Progression des DW-Hinterbaus federt der Hinterbau beim Bremsen wie in einen Gegenhalt ein – an diesem Punkt fühlt sich das Bike besonders direkt an, da die Impulse des Fahrers nicht vom Fahrwerk geschluckt werden.
Der Spielkamerad für kindgebliebene Besserverdiener
Das Pivot fährt sich, wie man es von einem Pivot erwartet: souverän, präzise und gutmütig. Im Shuttle SL steckt Leben, denn es strotzt nur so vor Spieltrieb. Dabei schafft es das, was nur wenige Bikes schaffen: Es vermittelt seinem Fahrer Sicherheit, sodass man dem Drang nach spielerischen Fahrmanövern mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen nachgehen kann. Das ist purer Fahrspaß. Alle Komponenten fügen sich harmonisch ins Gesamtbild – auch die Federgabel harmoniert gut mit dem Heck.
Vorne wie hinten heißt die Devise: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Das Shuttle nutzt seinen Federweg effizient und hat dabei nichts zu verschenken. Ein echtes Sportgerät eben. Es fühlt sich direkt an und übersetzt die Fahrimpulse des Fahrers präzise auf den Trail. Aus Kurven und Bodenwellen lässt sich so viel Schwung mitnehmen. Ideal, um mit Nachdruck über den Trail zu pushen.
Quittiert wird das direkte Fahrverhalten jedoch mit einem schmalen Grenzbereich. Draufhalten und Stoßgebet zum Himmel schicken ist nicht drin. Das Pivot will mit klaren Ansagen geführt werden. Wer nach einem Bike mit Autopilot-Modus sucht, wird anderswo fündig.

Geht da noch mehr? Mehr Speed?
Speed-Junkies und Vollgas-Piloten werden den Hinterbau schnell an seine Grenzen bringen. Denn im Vollgas-Modus zeigt sich die Kehrseite des poppigen Hinterbaus: die Progression, aus der der Hinterbau seinen Pop schöpft, macht den Hinterbau bei schnellem, hartem Schlagstakkato unruhig. 132 mm sind nicht endlos. Hämmert man den Hinterbau in die Progression, kommt er den Schlägen nicht mehr hinterher. Vor allem Flat-Pedal-Fahrer werden dann ihre Mühe haben, sicheren Halt auf den Pedalen zu wahren.
Wer hingegen auch mit dem E-Bike gerne an seinen Flugmeilen arbeitet und Luft unter den Reifen sucht, der wird sich über die Progression am Heck freuen. Ob verpatzte Ladungen und einfach ein Huck-To-Flat – der Dämpfer bietet in der Endlage ausreichend Gegendruck, um nicht durchzuschlagen.
Das Shuttle SL ist ein Trailbike und will auch in entsprechendem Gelände gefahren werden. Für durchweg krasse Trails raten wir zum Pivot Shuttle LT.


Geometrie
Die Geometrie des Shuttle SL trägt maßgeblich zum agilen Fahrverhalten bei. Mit einem Lenkwinkel von 65° und kurzen Kettenstreben von 432 mm (Größe L) bietet das Bike eine ausgewogene Balance zwischen Stabilität und Wendigkeit. Diese Geometrie ermöglicht ein präzises Handling, besonders auf flowigen Trails, und unterstützt den Fahrer dabei, enge Kurven mit Leichtigkeit zu meistern. Bergab fühlt sich das Shuttle SL sicher an, ohne die Verspieltheit eines Trail-Bikes zu verlieren.

Marktvergleich und Preis-Leistungs-Verhältnis
Vergleicht man das Shuttle SL Team XTR mit anderen Light Assist E-MTBs seiner Klasse, fällt auf, dass Pivot auf eine exklusive Ausstattung setzt. Nur die XTR Schaltgruppe von Shimano wirkt bei dem Angebot von Sram im Jahr 2025 etwas angestaubt.
Konkurrenzmodelle wie das Trek Fuel EXe 9.9, das Orbea Rise M-LTD oder das Specialized Levo SL bieten ebenfalls eine Mischung aus Leichtbau und elektrischer Unterstützung. Während das Trek mit seinem TQ-HPR50 Motor und das Orbea mit dem Shimano EP801-RS etwas weniger Gewicht mitbringen, punktet das Shuttle SL mit seinem harmonischen Fazua-Antrieb und der durchdachten Geometrie.
In puncto Fahrwerk liegt das Pivot auf Augenhöhe mit dem Specialized Levo SL, das jedoch mehr Federweg mitbringt. Beim Preis liegt das Shuttle SL im oberen Segment. Bikes wie das Canyon Spectral On:fly sind hier deutlich kundenfreundlicher unterwegs.



Das ist aufgefallen:
- Klappert: Obwohl das Pivot in der Luxuspreisklasse zu Hause ist, spart sich Pivot eine feste Führung der Kabel im Rahmeninneren. Dadurch klappern die Kabel deutlich hörbar im Unterrohr. Nervig.
- Die ungewöhnliche Kombination der Shimano XTR Trail-Bremsen mit Galfer-Bremsscheiben geht auf. Die Bremsen haben den nötigen Biss, lassen sich aber dennoch bestens dosieren. Auch das zahlt aufs Selbstvertrauen ein.
- Die Maxxis-Reifen mit Exo- und Exo+-Karkasse zahlen zwar auf das niedrige Gesamtgewicht der Räder ein, bringen in garstigem Gelände aber zu wenig Pannensicherheit mit.
- Leichte Laufräder sind der Schlüssel zur Wendigkeit.

Pro
- Sehr leichtes E-Bike, ohne an der Haltbarkeit zu sparen
- Lebendiges Handling mit direktem Fahrgefühl
- Überzeugende Balance zwischen Antriebseffizienz und Fahrspaß
- Stimmiges Gesamtpaket
Contra
- Verlangt in anspruchsvollem Gelände nach einer geübten Hand
- Remote-Controller des Fazua-Systems nicht auf der Höhe der Zeit
- Klappernde Kabel
- teuer
Fazit zum Pivot Shuttle SL
Das Pivot Shuttle SL Team XTR ist ein leichtes, agiles Trail-E-MTB für Fahrer, die Flow lieben und auf natürliche Unterstützung setzen. Die Geometrie sorgt für ein verspieltes Handling, während der Fazua Ride 60 Motor ein harmonisches Fahrgefühl vermittelt. Für High-Speed-Runs auf rauem Terrain gibt es laufruhigere Alternativen, doch wer nach maximalem Fahrspaß auf flowigen Trails sucht, wird mit dem Shuttle SL glücklich.